In der diesjährigen Liste belegt Papst Franziskus Platz eins, die indische Autorin Arundhati Roy Platz 21, der chinesische Künstler Ai Weiwei Platz 66 und der mexikanische Schauspieler Gael García Bernal Platz 100.

Dieses Jahr messen wir den Einfluss noch auf andere Weise, und zwar indem wir die Anzahl Links zwischen den Menschen auf Wikipedia anschauen. Je mehr Links zu jemand anderem die Wikipedia-Seite einer Person enthält und je mehr andere auf diese Seite verlinken, desto zentraler und einflussreicher ist die Person in diesem Netzwerk.

Weiter nutzen wir ein Analyse-Tool namens Tribe Finder, das die «Stämme» kategorisiert, mit denen sich die Personen identifizieren – z. B. «Spiritualist», «Nerd», «Fatherlander» oder «Treehugger». Dies geschieht über die Wörter, die die Menschen in ihren Online-Interaktionen verwenden. Eine zentrale Erkenntnis ist die, dass trotz der anti-elitären populistischen Ausbrüche in jüngster Zeit ein globaler «Anti-Tribe-Tribe» bestehen bleibt, der als überzeugende Präsenz in seiner Ablehnung von nativistischen und nationalistischen Denkweisen agiert.

Einmal weiterentwickelt, wird diese datenbasierte Herangehensweise an Stammeszugehörigkeiten sichtbarer machen, wer wen beeinflusst, und so eine Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Quellen ermöglichen.

Eine Analyse von GDI-Partner und MIT-Forscher für Collective Intelligence Peter Gloor katalogisiert den «illusorischen Einfluss von Tweets» und zeigt, dass mit der Ausnahme von Barack Obama und Donald Trump die meisten der grössten Twitter-Gefolgschaften im Wesentlichen Fanclubs von Hollywood- oder Musikstars sind, deren Kommunikationen wenig bis keinen substantiellen Inhalt enthalten.

Das GDI-Projekt von 2017 fällt zusammen mit der Verleihung des Berggruen-Preises an die britische Philosophin Onora O’Neill, deren Fokus auf der Glaubwürdigkeit von Informationen liegt. In einem Kommentar für The WorldPost schrieb sie: «Cyber-Romantiker sind immer noch der Ansicht, dass jede Einschränkung im Bereich der Online-Kommunikation falsch wäre. Sie vergessen, dass die freie Meinungsäusserung nur einer von vielen Standards ist, die für die Kommunikationsethik wichtig sind.» Für O’Neill ist der wichtigste ethische Standard die Frage, ob eine Behauptung und ihre Quellen nachweislich «ehrlich, kompetent und verlässlich» sind.

Flucht zu qualitativen Medien

Tatsächlich gibt es bereits Anzeichen einer «Flucht zu Qualität» angesichts der Vorherrschaft der Sozialen Medien, auf denen es von Hasskommentaren, Fake News und alternativen Fakten wimmelt. Während des ersten Jahres der Trump-Präsidentschaft hat sich die Anzahl online abgeschlossener Abonnemente für die Washington Post – Verlagspartner von The WorldPost und eine gefeierte Festung der traditionellen Massenmedien – verdreifacht, was wohl ein Ausdruck besorgter Bürger ist, die sich an eine verlässliche Quelle wenden wollen.

Trotzdem gilt das Internet immer noch als Schlachtfeld für Stammeskriege: Hier kämpft eine Kakophonie von Stimmen darum, die einvernehmlichen Wahrheiten, die das wesentliche Fundament des demokratischen Diskurses bilden, zu etablieren. Der globale «Anti-Tribe-Tribe» beansprucht Autorität über die neutralen Methoden und universellen Standards der Vernunft, die er auf der Suche nach einem objektiven sozialen Konsens anwendet. Anhänger ideologischer, religiöser oder nativistischer Strömungen zeigen sich loyal gegenüber der Stabilität der Zugehörigkeit, entgegen dem, was sie als die Wurzellosigkeit einer kosmopolitischen Kaste ansehen. Für Identitäten, die in einer idealen Vergangenheit, einer utopischen Zukunft oder den puristischen Bestrebungen einer exklusivistischen Religion wurzeln, gelten Wahrheiten irgendwelcher Art, die nicht mit dem Stammesglauben vereinbar sind, als Verrat.

Wie der Philosoph Peter Sloterdijk bemerkte, ist der Ausbruch von Tribalismus in unserem globalen Zeitalter als Antwort auf die «verflüssigten» Identitäten zu sehen, die den territorialen Patriotismus ersetzt haben, der den Kulturen während der langen Geschichte der Agrargesellschaften eingeprägt worden war. Neue Identitätsbehauptungen, so sagt er in einem Interview, markierten auch eine «Rückkehr der Pluralität» angesichts eines «hilflosen Universalismus». Er argumentiert, dass die Stämme von heute statt aus den urigen ortsgebundenen Tugenden von damals aus der «connected isolation» von Individuen hervorgehen, die in einer aufgelösten, hypermobilen Welt auf der Suche nach dem Kokon der Zugehörigkeit sind. Die Herausforderung der Spätmoderne besteht gemäss Sloterdijk darin, eine Balance zwischen Isolierung (isolation) – «wörtlich ‹Inselbauen›» – und Verbundenheit (connectivity) zu finden.

Gleichermassen schreibt David Goodhardt, die Versöhnung von Stammeszugehörigkeit mit der Idee von «Gemeinschaftsgut» stelle die grosse Herausforderung dar. «Moderater Nationalismus», so sagt Goodhardt paradoxerweise, sei «ein wichtiger Bindestoff für liberale Gesellschaften» – kurz gesagt, ein Zuhause zwischen dem globalistischen «Anywhere» und dem lokalen «Somewhere».

Dieser Text wurde veröffentlich von The WorldPost, einer Partnerschaft des Berggruen Institute und der Washington Post.